Letztens hatte ich Gelegenheit mich mit einem Kollegen mal etwas länger zu unterhalten und habe ihm gleich mal einen kleinen Schock verpasst, der bei mir wieder zu einer Einsicht geführt hat.

Vor einiger Zeit, Höhepunkt der Corona-Pandemie, starb ein gemeinsamer Kollege von uns beiden. Ich hatte ihn am Montag noch gesehen, am Dienstag hieß es er wäre krank und am Donnerstag erfuhren wir, dass er am Mittwoch gestorben sei.
Dieser Kollege war verheiratet, hatte 3 Kinder und war ein zentraler Pfeiler in der Betriebsadministration seines Bereiches. Ich hatte öfter mal World of Tanks mit ihm gespielt und über das Bogenschiessen gefachsimpelt. Hatte ihn und seine Familie einmal besucht, Kuchen gegessen…ein netter Kollege eben.
Etwas später ging es zur Trauerfeier. Mir ging es eh schon nicht gut, sowohl körperlich als auch mental…fühlte ich mich einfach ausgebrannt und überfordert. Trotzdem ging ich hin, weil es mir wichtig war. Ich wusste das der Kollege katholisch war und war etwas überrascht, als ich einen Pastor und keinen Priester dort stehen sah. Und natürlich die ganze Familie vorne saß. Die Frau hielt sich gut, die Kinder weinten herzzerreissend, vor allem sein jüngster Sohn. Aus der Predigt des Pastors ließ sich erkennen, das der Kollege sich wohl selbst getötet hatte…was mich und meinen anderen Kollegen wie ein Schock traf. Anschließend beschrieb der Pastor wie der tote Kollege sich wohl überfordert und ausgebrannt gefühlt hatte…das mir Angst und Bange wurde. Er beschrieb mit geradezu unheimlicher Genauigkeit meine eigenen Gefühle und Gedanken, nur das ich den letzten Schritt noch nicht getan hatte…und nachdem ich seinen kleinen Sohn sah auch nie gehen würde.

Praktisch direkt nach der Trauerfeier erwischte mich dann auch Corona und ich verbrachte einige Zeit im Bett und zu Hause, was mir aber ganz gut tat. Ich konnte mich erholen und ausruhen.
Jetzt 2 Jahre später unterhielten wir uns eben wieder über den toten Kollegen und ich erzählte meinem lebenden Kollegen, das mich die Trauerfeier sehr getroffen hat und warum. Sein Blick sprach Bände und zeigte eine gewisse Panik, bis ich ihm auch erklärte, dass ich den letzten Schritt eben nicht gehen würde. Weil ich damit meiner Familie unheimlich schaden würde.

Da wurde mir bewusst, dass er diese Gedanken überhaupt nicht nachvollziehen kann, denn auch mir ist das früher sehr schwer gefallen. Meine Tochter litt auch an Depressionen, was in einem Selbstmodversuch kulminierte. Seitdem haben wir beide aber auch wieder wesentlich mehr Kontakt, was sie letztlich davon abhält…oder abhielt. Jetzt hat sie auch noch einen Sohn, der sicherlich das seinige dazu beitragen wird.

Ich denke, jemand der nie solche Gedanken hatte…nie dieses ausgebrannte, überfordete Gefühl…der kann das gar nicht nachvollziehen. Was vielleicht auch ein Grund ist, warum meine Tochter und ich uns so gut verstehen.
Wobei das Gefühl sich bei anderen auch ander manifestieren kann. Bei ihr zum Beispiel eher ungewollt, ungeliebt. Aber inzwischen auch mehr ausgebrannt…vielleicht ändert es sich mit der Zeit.

Letztlich zeigt es mir nur einmal mehr, das man auf sich selber achten muss und wenn man nicht mehr kann, muss man auch mal die Handbremse anziehen…sollte dann nur nicht alleine sein. Da kommt man nur auf doofe Gedanken.
Denn ich bleibe dabei: Der Tod ist einfach…das Leben ist die Herausforderung.

Von karsten

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